Über das Jahresprojekt

9 Monatsbilder Wesslinger See
9 Monatsbilder Wesslinger See

Am 24. Oktober 2018 haben meine Frau und ich angefangen, täglich um die (fast) gleiche Zeit an der gleichen Position ein Bild vom Weßlinger See im Fünf-Seen-Land zu machen. Sinn und Zweck der Sache war es, jeden Tag bis zum Ablauf eines Jahres festzuhalten. 

Selbstbildnis: Der Fotograf (links) und seine Frau
Selbstbildnis - Der Fotograf (links) und seine Frau

Der Hintergrund der Idee ist sehr persönlich:

Mitte Oktober 2018 wurde bei meiner Frau unerwartet eine Krebserkrankung diagnostiziert. Für uns war das wie ein Deja-Vu-Erlebnis, hatte ich doch ein paar Jahre zuvor meine Schwester mit der gleichen Erkrankung 15 Monate bis zu ihrem Tod Anfang 2016 begleitet.

Doch diesmal sollte es anders werden. Wenige Tage nach der Diagnose begann die Behandlung. Sie sollte ca. ein Jahr dauern und das volle Programm umfassen - Chemotherapie, OP, Bestrahlung, Reha. Die Ärzte waren aber zuversichtlich, dass es gut werden würde, da der Tumor frühzeitig erkannt wurde. Dabei rieten sie auch zu viel Bewegung - täglich mindestens 45 Minuten. Was bietet sich da besser an, als ein täglicher Spaziergang um den See?

Damit wir den Fortschritt des Jahres sehen konnten, beschlossen wir, jeden Tag ein Bild vom See zu machen und am Ende zu einem „Jahresfilm“ zusammen zu setzen. Mit dem Ziel des Jahresfilms hatten wir einen guten Anreiz, konsequent jeden Tag rauszugehen, egal bei welchem Wetter und ob wir Lust dazu hatten oder nicht. Und wenn es nur für das Bild ist.

Werden und Vergehen

Bei den täglichen Rundgängen entstanden unzählige Bilder, nicht nur von der gleichen Stelle, sondern auch rundherum. Alles im Wandel der Jahreszeiten festgehalten.
Schnell wurde sichtbar, was man normal nicht wirklich richtig wahrnimmt und was die Natur im Laufe des Jahres alles anstellt in den vier Jahreszeiten: Der ewige Kreislauf von Werden und Vergehen. Manche Tage scheinen gleich, und doch ist jeder etwas anders. Kein Tagesbild gleicht wirklich dem anderen.

Mal stürmt es, das Wasser ist aufgeraut, dann steht die Luft förmlich, der See ist ruhig und spiegelglatt, mal schneit es, mal kommt die Sonne, man spürt die Wärme und die Kälte, mal regnet es, alles ist menschenleer, mal kommen Besucher und gehen wieder, es wird geboren und gestorben, z.B. bei Schwanen- und Entenküken, aber auch im Menschenleben. Die Blätter fallen von den Bäumen, es kommt die Zeit der Dunkelheit, aber irgendwann werden die Tage länger, es kommen die Knospen und alles erwacht zu neuem Leben. Und irgendwann fängt alles wieder von vorne an....

Erfolgreicher Abschluss und Fazit

Zum 24. Oktober 2019 ist das Jahr für uns nun um. Die Behandlung verlief sehr erfolgreich und positiv und ist erstmal abgeschlossen. Was die Zukunft bringt, wird sich zeigen in den nächsten Jahren.

Mein ganz persönliches Fazit dieses erlebnisreichen Jahres: Genieße jeden Tag, den du mit einem geliebten Menschen hast, streite nicht über unwichtige Banalitäten und gehe am Ende des Tages friedlich auseinander. Erfreue dich an den kleinen Dingen des Lebens, mache andere auch mal selbstlos glücklich, dann kommt das Glück von ganz alleine. Und vor allem verliere nie die Hoffnung und den Glauben, dass alles gut werden wird. Klingt vielleicht recht banal, ist aber manchmal doch so schwer.

Mit diesen Bildern und der Hintergrundgeschichte möchten wir anderen in ähnlichen Lagen dazu anstoßen, jeden Tag schätzen zu lernen, auch wenn es nicht einfach ist, und den Mut und die Hoffnung nie zu verlieren.

Wer macht das alles hier?

Wenn Sie sich vielleicht fragen: "Hat der Mann zuviel Zeit, um sowas täglich zu machen oder was macht der sonst noch?", dann werfen Sie am besten einen Blick auf meine Webseite zu Christian Frodl Public Relations unter www.frodl-pr.de. Dort erfahren Sie mehr über mich. Und vielleicht ist das auch für Sie oder Ihren Verein, Ihre Einrichtung etc. interessant. ;-)

Aufnahmetechnisches zu den Bildern

Alle hier veröffentlichten Bilder wurden belassen wie sie gemacht wurden mit meiner Olympus OM-D E-M10 Mark II Kamera. Einstellungen waren immer 14 mm Brennweite, ISO 1000, Rest automatisch. Das heißt, es gab keine Bildbearbeitung zum "aufhübschen" etc. Alles andere hätte den natürlichen Bildfluss beeinflusst. Man sieht auch so genug Stimmungsunterschiede im Wandel des Jahres. ;-)

Bezüglich der Bild-Position bestand die Schwierigkeit, dass alle Bilder im Ausschnitt exakt gleich sein sollten, damit der spätere Film nicht zu wackelig wird. Eine Betonsäule zum Ablegen, wie schon manche scherzhaft meinten, hatte ich leider nicht. Also brauchte es andere Fixpunkte zur freihändigen Standortpositionierung, z.B. die Außenkante der Bank, Körper im 45 Grad-Winkel dazu, im Sucher 5. Kästchen nach oben, 3. von links, Unterkante Wasserlinie, Turm mittig im Kästchen. Bis ich den richtigen Kniff raus hatte, dauerte es etwas.

Manchmal war auch der Platz einfach versperrt, z.B. durch eine angekettete Mülltonne an der Bank (Freinacht), eine zweite Bank, die dort über Nacht auftauchte (Mitte Juni) und tagelang teils in meinem Bildausschnitt stand. Die Bank wollte ich aber nicht wegrücken, um die Bild-Situation nicht eigenmächtig zu verändern. 

Anderes Problem waren einfach nur auf der Bank sitzende Leute, denen man dann von hinten dicht ranrücken musste. Abstand halten und ranzoomen verfälscht wieder die Perpektive. Alles Dinge, die ich vorher leider nicht wirklich bedacht habe, als ich im Herbst bei menschenleeren Bedingungen angefangen und den Platz ausgewählt habe. Aber Position ändern ging / geht nun nicht mehr, da muss ich jetzt durch bis Ende Oktober.

Keine erkennbaren Personen, nur schöne Landschaft

Bei allen Bildern habe ich übrigens strikt darauf geachtet, keine Personen erkennbar aufzunehmen. Sofern doch mal jemand im Bild war, wurden die Leute zur Wahrung des Persönlichkeitsrechts unkenntlich gemacht, auch wenn es manchmal echt schade drum war und etwas merkwürdig aussieht. Denn besonders an warmen schönen Tagen war es etwas schwierig, wenn der Steg den ganzen Tag bis abends ständig besetzt war. Da musste man manchmal nur ein Zeitfenster von ein paar Minuten abwarten, um endlich das Bild des Tages machen zu können, bis die nächsten Sonnenhungrigen kamen.

Dabei traf man so manche lustigen Leute, die sich anfangs wunderten, warum ich jeden Tag das gleiche Bild mache, à la dem Film "Täglich grüßt das Murmeltier". Nun können Sie es hier sehen. Gegrüßt sei hiermit insbesondere Herr Rüba von der Galerie am See. ;-)

In diesem Sinne wünschen wir viel Spaß beim Betrachten der Bilder und des fertigen Jahresfilms Mitte November 2019. Der vorherige Halbjahresfilm, der nur bis 23. April ging, wurde damit ersetzt. 

Weitere Details zu den Bildern finden Sie auch in der Rubrik "FAQ - Häufig gestellte Fragen." 

Viele Grüße

Christian Frodl